„Gute Mitarbeiter muss man sich ziehen“
Franz Wörndl hat 1990 seine Firma Holzbau Wörndl in Eggstätt im Landkreis Rosenheim gegründet. Der Betrieb erfuhr und erfährt ein gesundes Wachstum. Im mittlerweile 34. Jahr sind knapp 30 Mitarbeiter angestellt, davon einige im Büro und Vertrieb. Die Zimmerer verfügen über unterschiedliche Qualifikationen – warum ihm das wichtig ist und weshalb davon alle bei Holzbau Wörndl profitieren, erklärt der Oberbayer im Interview.
Herr Wörndl, die Bandbreite Ihrer beschäftigten Zimmerer reicht von Zimmermeistern, Vorarbeitern, Gesellen und Auszubildenden bis zu einem „Zimmererfacharbeiter“ und einem „Zimmererhelfer“. Weshalb ist das so?
Ich bin der Meinung diese Titel oder der Bildungsstatus sind immer nur eine symbolische Nummer. Was der Einzelne wirklich kann und abliefert, steht auf einem anderen Papier. Zimmerermeister, Techniker oder Ingenieure sind natürlich gehaltstechnisch anders eingestuft und haben schon auch andere Aufgaben und mehr Verantwortung.
Aber wir wägen schon ab, was der Einzelne bereit ist zu leisten um sein Können praktisch und wirtschaftlich umzusetzen. Wir gehen in Sachen Fortbildung auf Mitarbeiter zu – so unterstützen und bekommen wir Meister, Techniker, Vorarbeiter und Poliere aus den eigenen Reihen. Einer hat z.B. den Grundkurs Restaurator gemacht und regelmäßig bilden sich die Mitarbeiter in „Sachkunde Asbest“ oder auch Arbeitssicherheit weiter. Ich bin der Meinung, gute Mitarbeiter kann man nicht einstellen, gute Mitarbeiter muss man sich ziehen.
Da nehmen wir die „Karriereambitionen“ der angestellten Zimmerer ernst und gleichzeitig profitieren wir auch davon. Schließlich kommen die Personen mit einem anderen Wissen und einem anderen Standing zurück. Und natürlich können wir die Mitarbeiter dann je nach individueller Ausbildung und Qualifikation unterschiedlich einsetzen. Förderung und Wertschätzung der Mitarbeiter ist meiner Ansicht nach das A und O.
Grundsätzlich macht aber bei uns fast jeder alles. Der eine ist eben führend in einem Bereich und der andere ist unterstützend tätig. Diese Mischung und das Zusammenspiel der einzelnen Personen machen unser Team aus. Es herrscht eine große Wertschätzung untereinander.
Sie beschäftigen auch zwei Mitarbeiter ohne Zimmererausbildung, wie kam es dazu?
Unser Zimmererfacharbeiter arbeitet hauptberuflich bei der Berufsfeuerwehr in München, dort wird blockweise gearbeitet, das heißt er hat immer einzelne zusammenhängende Tage frei, die er mit einer zusätzlichen beruflichen Tätigkeit füllen wollte. Er ist Ende 20 und sehr engagiert, nimmt jede Aufgabe an und übernimmt bei uns unterstützende Tätigkeiten.
Mykhailo Porsov, der Helfer, kommt ursprünglich aus der Ukraine und ist aus politischen Gründen ohne hier einsetzbare Ausbildung und ohne die Sprache zu beherrschen nach Deutschland gekommen. Kunden hatten mich gefragt, ob er nicht bei uns mitarbeiten könnte und mich hat sein Schicksal als Familienvater, der über Nacht alles zurücklassen musste und neu anfangen will, berührt. Er kam eine Woche zum Probearbeiten und wir haben einen sehr engagierten und motivierten Mann kennengerlernt. Ich habe mit meinen Mitarbeitern besprochen, ob wir ihn einstellen. Letztendlich arbeiten die Mitarbeiter tagtäglich mit ihm zusammen, deshalb war deren Urteil ausschlaggebend. Sie haben sich dann dafür ausgesprochen, den Familienvater zu unterstützen und ihm auch ohne Zimmererausbildung eine Chance zu geben.
Und das war für alle Seiten eine gute Entscheidung! Mykhailo arbeitet bei den Zimmerern im Holzhausbau in der Vorfertigung und ist dabei total zuverlässig, sehr engagiert und mit der Arbeit zufrieden. Und wir sind auch wirklich zufrieden mit ihm.
Die Sprachschwierigkeiten haben sich deutlich reduziert, Mykhailo ist sehr motiviert und hat uns bereits stolz sein Zertifikat präsentiert. Weitere Herausforderungen waren und sind die neuen Aufgaben im Holzbau wie auch die andere Mentalität. Für ihn ist das ganze System mit Urlaub, Versicherung etc. komplett neu – da
merke auch ich, wie gut es uns in Deutschland geht. Diese Sicherheit und Stabilität die er bei uns hat, schätzt er extrem.
Zu seinem 50. Geburtstag haben wir ihn mit einer Party in der Firma überrascht, das hat ihn extrem gefreut. Er hat ja auch kein großes soziales Umfeld, da sind solche Dinge nochmal mehr wert.
Hat der Fachkräftemangel bereits Auswirkungen auf Ihren Betrieb?
Im letzten halben Jahr haben wir vier neue Mitarbeiter eingestellt und sind aktuell sehr gut aufgestellt. Wir bilden seit 1996/97 aus und haben durchweg zwischen drei und fünf Lehrlinge im Betrieb. Hier ist die Nachfrage weiterhin gut. Wir beschäftigen auch immer mal wieder Verbundstudenten, wahrscheinlich ab Herbst das nächste Mal. Wir stellen am liebsten Menschen aus der Region ein und freuen uns auch immer, wenn Frauen ins Handwerk kommen. Gerade bilden wir beispielsweise im 2. Lehrjahr eine Auszubildende aus.
Welche Maßnahmen ergreifen Sie zur Mitarbeiterbindung?
Zum einen ist es unser Anliegen, die Mitarbeiter individuell zu fördern und ihnen wertschätzend gegenüberzutreten. Außerdem haben wir unser Stundensystem geändert: Zusätzlich
zu den individuell verplanbaren Urlaubstragen gibt es für jedes Kalenderjahr 12 freie Tage im Betrieb, die wir Mitte Dezember für das darauffolgende Jahr festlegen.
Wir bieten den Mitarbeitern eine berufliche Altersversorgung mit der SOKA Bau, außerdem gibt es für alle Tankkarten und Geburtstagspräsente. Gemeinsame Ausflüge und Feste stehen auch regelmäßig an – wir schätzen den persönlichen Kontakt.
Da wir in Social Media sehr aktiv sind, setzen wir dieses Medium auch hier gezielt ein. Unsere Mitarbeiter stellen wir alle einzeln mit einem kurzen Steckbrief bei Instagram vor – das
kommt nicht nur „draußen“, sondern auch bei den Mitarbeitern selbst gut an. Sie empfinden das als große Wertschätzung.